Wenn Schuldgefühle uns lähmen: Ein Kompass durch die Trennungskrise

Torsten Geiling • 18. Februar 2025

Schuldgefühle loslassen: Dein Weg zur befreiten Entscheidung

Ein Mann irrt durch den Nebel in einem dunklen Wald
Von Torsten Geiling

Viele Menschen bleiben aus Schuldgefühlen in unerfüllten Beziehungen gefangen. In diesem Artikel liest du, warum Schuldgefühle entstehen, was sie uns lehren können und wie wir lernen können, Verantwortung zu übernehmen, ohne uns selbst zu verlieren. 

Schuldgefühle bei einer Trennung sind wie der Nebel im Herbst, der uns den Blick auf unseren eigenen Weg versperrt. Er lähmt und verunsichert uns, nimmt uns die Kraft für notwendige Veränderungen und hindert uns daran, zu uns selbst zu finden. Als Trennungsberater begleite ich Menschen durch genau diesen emotionalen Nebel – Menschen wie Thomas, der lange mit seinen Schuldgefühlen gekämpft hat.

Die Last der unausgesprochenen Wahrheit

"Manchmal sitze ich abends in meinem Arbeitszimmer und fühle mich wie gelähmt", sagte mir Thomas (47) in unserem ersten Gespräch an. "Mein Herz sagt mir seit Monaten, dass ich gehen muss. Aber dann sehe ich meine Frau mit den Kindern am Abendbrottisch sitzen, und die Schuld schnürt mir die Kehle zu."

Thomas' Situation berührt einen Kern, den viele in Trennungsprozessen kennen: den schmerzhaften Konflikt zwischen Selbstfürsorge und der tief verwurzelten Angst, anderen Leid zuzufügen. Es ist ein Zwiespalt, der uns oft jahrelang in unglücklichen Beziehungen gefangen hält.

Der verborgene Sinn der Schuldgefühle

Unsere Schuldgefühle erzählen eine Geschichte – von Verantwortung, von Bindung, von Werten, die uns wichtig sind. Sie zeigen uns, dass uns nicht alles egal ist und wie uns um andere sorgen. Doch manchmal verwechseln wir Mitgefühl mit der Verpflichtung, alle um uns herum glücklich machen zu müssen.

"Schuldgefühle sind wie ein innerer Kompass", erkläre ich meinen Klientinnen und Klienten oft. "Sie zeigen uns, wo unsere Werte liegen. Aber wie jeder Kompass müssen wir lernen, sie richtig zu lesen."

Eine Übung zur Unterscheidung der Schuldgefühle

Um diesen Kompass besser zu verstehen, lasse ich sie zu eine besondere Übung machen. Sie hilft, zwischen echter Verantwortung und übernommener Schuld zu unterscheiden:

Nimm dir einen ruhigen Moment und ein großes Blatt Papier. Teile es in drei Spalten:
- "Meine wahre Verantwortung"
- "Gefühlte Schuld"
- "Der Weg der anderen"

In die erste Spalte gehört alles, was wirklich in deiner Macht steht: deine Entscheidungen, deine Handlungen, dein Umgang mit der Situation. Die zweite Spalte nimmt die Gefühle auf, die dich belasten, aber nicht deiner Kontrolle unterliegen, veränderte Gefühle beispielsweise. Die dritte Spalte ist der Raum für die eigenständigen Wege anderer Menschen, etwa ihre Reaktionen.

- Fülle die Spalten nun mit deiner Geschichte
- Was fällt dir auf?
- Wo siehst du Handlungsmöglichkeiten?
- Was könntest du loslassen?

Für Thomas war diese Übung wie ein Schlüssel, der eine verschlossene Tür öffnete. "Zum ersten Mal konnte ich klar sehen", erzählte er später. "Ich trage Verantwortung für meine Entscheidungen – aber nicht für das gesamte Glück meiner Frau."

Der Weg zur Selbstversöhnung

In den folgenden Wochen unserer Zusammenarbeit begann Thomas, seine Schuldgefühle als Wegweiser zu verstehen – nicht als Gefängniswärter. Er lernte, dass wahre Verantwortung bedeutet, zu sich selbst ehrlich zu sein und diese Wahrheit auch anderen zuzumuten. "Damit war die Schuld nicht komplett weg, aber ich konnte sie besser verstehen."

Und er ergänzt: "Heute weiß ich", sagt Thomas ein halbes Jahr nach seiner Trennung, "dass ich meiner Familie keinen Gefallen getan hätte, wenn ich aus Schuldgefühlen geblieben wäre. Meine 18-jährige Tochter haben mir sogar gesagt, dass sie froh ist, jetzt einen Vater zu haben, der ehrlich zu ihr und sich ist."

Der Weg durch Schuldgefühle führt also nicht über ihre Verdrängung, sondern über ihr tieferes Verstehen. Es ist ein Weg, der uns lehrt, Verantwortung und Mitgefühl in Einklang zu bringen – für andere und für uns selbst.

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